Sturmflutsicherung & Deiche

Sturmfluten sind eine ständige Bedrohung für die Küstenregionen. Sie können verheerende Schäden anrichten, wie Ereignisse in den vergangenen Jahren, Jahrzehnten und sogar Jahrhunderten bewiesen haben. Schon seit langer Zeit konstruieren die Menschen Sicherungen, um sich vor diesen Phänomenen zu schützen.

STURMFLUTEN

Sturmfluten sind Tidenwerte, die stark über dem Durchschnitt des normalen Tidenhochwassers liegen. Dabei spielen die Geofaktoren Atmosphäre und Ozean eine wichtige Rolle. Intensive Sturmwinde schieben das Wasser vor sich her, wodurch sich ein Wasserberg bildet. Trifft dieser auf flache Küstengewässer, überschwemmt er diese.

Die Deutsche Bucht ist nach Ansicht des Bundesamtes für Schifffahrt eines der am stärksten betroffenen Gebiete weltweit. Aufgrund der Geographie der Nordseeküste mit den Flachküsten und den Trichtereffekt der Elbenmündung, tritt dieses Phänomen an der Nordseeküste vermehrt auf.

Die angegebenen Werte, ab wann ein Hochwasser als Sturmflut eingeordnet wird, variieren von Ort zu Ort. An der Nordseeküste liegen die Werte für eine leichte Sturmflut bei 1.5 Metern bis 2.5 Metern oberhalb des mittleren Hochwassers. Für eine mittlere Sturmflut bei 2.5 Metern bis 3.5 Metern und ab einer Höhe von über 3.5 Metern wird von einer schweren Sturmflut gesprochen.

Bereits bei geringeren Höhen können bei ungenügender Sicherung schwerwiegende Folgen entstehen. Die direkt sichtbarste Folge sind die Überschwemmungen der nahegelegenen Küstengebiete. Dabei kann auch die Natur betroffen sein, da sich Süss- und Salzwasser vermischen. Ist dies der Fall, können sich Flora und Fauna in den umliegenden Gebieten verändern. Hinzu kommen Wellen mit hoher Energie. Treffen diese auf die Infrastruktur an den Küstenregionen, entstehen starke Schäden. Davon betroffen sind vor allem Dörfer und Städte an den betroffenen Regionen. Darüber hinaus wird durch die starken Wellen der Sand verschoben oder zurück ins Meer gezogen. Somit wird das Aussehen der Küstenregionen, insbesondere bei Sandstränden, stark verändert.

Abb. 1 Baltrum nach der Sturmflut im Februar 2020

HISTORISCHER HINTERGRUND DEICHBAUKUNST

Deiche wurden ab dem Mittelalter wichtig. Zu diesem Zeitpunkt nahm die Bevölkerung stark zu und der Meeresspiegel stieg an. Durch den Deichbau konnte langfristig nutzbares Ackerland in Meeresnähe gewonnen werden.

Zu Beginn gab es nur sogenannte «Sommerdeiche», die nur knapp einen Meter hoch waren. Erst im späten Mittelalter entstanden auch die «Winterdeiche», die die Bevölkerung nun das ganze Jahr über vor Sturmfluten schützen sollten. Da der Wasserpegel der Nordsee immer weiter anstieg, mussten auch die Deiche kontinuierlich erhöht werden.

Verheerende Sturmfluten, die viele Menschenleben nahmen und grosse Schäden verursachten, führten dazu, dass eine ständige Innovation des Deichbaus nötig war, um die Bevölkerung weiterhin zu schützen. Finanzielle Mittel wurden erhöht und der Bau von Deichen wurde als Firmenaufgabe eingeführt.

Erst die Hamburger Sturmflut im Jahre 1962 führte zur Entstehung des Generalplanes Küstenschutz. Seither hat sich nochmals viel hin zum modernen Küstenschutz getan.

Abb. 2 Veränderung der Deichprofile

DEFINITION DEICH

Deiche sind aufgeschüttete Erdmengen, die an einem Fluss oder an einer Meeresküste liegen, um tiefer liegendes Gelände vor Überschwemmungen zu schützen.

AUFBAU DEICH

Ein Deich besteht aus verschiedenen Komponenten, die jeweils einen Einfluss auf die Funktion und Stabilität des Deiches haben. Es gibt drei Hauptkomponenten eines Deiches: Der Kern, die Grasnarbe und die Dichtschicht.

Der Kern ist das Herzstück des Deiches. Er besteht oftmals aus tonhaltigem Boden. Dieses Material bringt den Vorteil, dass es dicht ist und somit kaum Wasser durchlässt.

Die Grasnarbe ist die oberste Schicht des Deichs und besteht aus dichtem Gras, das ein Wurzelwerk im Boden bildet und somit den Deich vor Erosion schützt.

Die Dichtschicht befindet sich unter der Grasnarbe und besteht aus Lehm oder Ton, die das Durchsickern des Wassers verhindern sollen.

Abb. 3 Aufbau Deich

HERAUSFORDERUNGEN UND ZUKUNFTSPERSPEKTIVEN

Küsten, vor allem die Nordseeküste vor Sturmfluten zu schützen, wird immer schwieriger. Die Deiche müssen kontinuierliche erhöht und verbreitert werden, um dem steigenden Meeresspiegel und den stärkeren Stürmen gerecht zu werden. Dafür werden grosse Mengen an Ressourcen und finanziellen Mitteln benötigt. In Deutschland werden momentan rund 60 Millionen Euro pro Jahr für den Küstenschutz verwendet. In Zukunft werden die verwendeten Gelder vermutlich über 100 Millionen Euro pro Jahr ansteigen.

Gebiete, aus denen früher Material wie Klei, Kies oder Ton entnommen wurden, um diese beim Deichbau zu verwenden, haben vermehrt Probleme mit Hochwasser, da dieses Deichvorland tiefer liegt als die Meeresoberfläche und somit bereits bei geringeren Wassermengen davon betroffen ist.


MASSNAHMEN ZUR ANPASSUNG AN DEN KLIMAWANDEL

ÜberJahrhunderte hinweg hat sich die Art, wie Deiche gebaut werden stark verändert. Heutzutage werden acht bis neun Meter hohe und bis zu 130 Meter breite Deiche gebaut, um die Wassermengen langsam und sanft abzuschwächen. Auch der richtige Neigungswinkel spielt eine wichtige Rolle. Ist er nicht richtig berechnet, bricht der Deich, sobald grössere Wassermengen auf ihn einwirken. Die heutigen Deiche sollten, Berechnungen zufolge, auch den Sturmfluten in 100 Jahren noch standhalten können. Die modernen Deiche sind so konstruiert, dass, falls nötig, weitere 1.5 Meter darauf gebaut werden können. Somit sind die Küsten vorerst gegen die Klimaerwärmung gewappnet.


WEITERE ARTEN DER STURMFLUTSICHERUNG

Seesperrwerke

Abb. 4 Flutschutztore vor Rotterdam

Seesperrwerke sind bewegliche Barrieren, die bei drohender Sturmflut geschlossen werden können, um das Eindringen des Wassers in Flussmündungen oder Häfen zu verhindern.

Polder

Abb. 5 Polderlandschaft in den Niederlanden

Auch Koog genannt, sind abgesenkte Landbereiche, die von Deichen umgeben sind. Diese können bei Bedarf während der Sturmflut geflutet werden und dienen somit als temporäres Auffangbecken.

Dünen

Abb. 6 Dünen auf Norderney

Dünen sind natürliche Aufhäufungen von Sand entlang der Küstenlinie, die einen gewissen Schutz vor Sturmfluten bieten.

Küstenschutzmauern

Abb. 7 Küstenschutzmauern

Diese werden oft in städtischen Gebieten verwendet. Es sind Beton-oder Steinmauern entlang der Küste, die das Eindringen von Wasser begrenzen.

Buhnen

Abb. 8 Buhnen

Buhnen sind Strukturen, die ins Meer hinausragen, um Wellen zu brechen. Somit reduzieren sie die Erosion der Küste und mindern dadurch die Auswirkungen einer Sturmflut auf den Küstenbereich.


INTERESSANT

Gelingt es uns nicht den Anstieg des Meeresspiegels durch den Klimaschuz zu bremsen, werden grosse Teile Nordeuropas in den nächsten Jahrhunderten untergehen. Sjoerd Groeskamp und Joakim Kjellsson haben sich ein Konzept ausgedacht, wie die Küsten Nordeuropas geschützt werden könnten, falls der Meeresspiegelanstieg zu stark wäre. Durch das Projekt NEED, könnten Nord- und Ostsee vor dem Anstieg des globalen Meeresspiegels geschützt werden.

Zwei Dämme, einer im Englischen Kanal und ein anderer zwischen den Shetlandinseln und Norwegen, würden die Nordsee komplett vom Atlantik abtrennen und somit zu einenem Binnenmeer machen. Somit gäbe es kaum mehr Gezeiten und Sturmfluten. Die Küsten wären geschützt.

Klar ist, dass dieses Projekt wohl kaum so durchgeführt werden kann. Eine Errechnete Summe von rund 250 – 300 Milliarden Euro müsste für den Bau aufgewendet werden. Ausserdem würde eine Sandmenge benötigt werden, die der weltweit verbauten Sandmenge in einem Jahr entspricht. Des weiteren sind die dramatischen Auswirkungen, die eine solche Konstruktion auf das Ökosystem hat, undenkbar.

Die Erfinder dieser Idee sagen selbst, dass diese Überlegungen nicht als erstrebenswerte Lösung dienen. Sie sollen lediglich aufzeigen, dass es einfacher und deutlich besser ist, den Klimawandel jetzt zu bekämpfen, um die Katastrophe zu verhindern, als später solche extremen Schutzmassnahmen ergreifen zu müssen.

Abb. 9 Projekt NEED

Quellen

Bildquellen:

Abb. 1 https://www.baltrum-online.de/news_artikel.php?id=4649. 23.05.2024

Abb. 2 https://www.lebensraum-wattenmeer.de/pic/Deichprofile.gif. 23.05.2024

Abb.3 https://www.ndr.de/nachrichten/schleswig-holstein/index.html. 23.05.2024

Abb. 4 https://www.daserste.de/information/wissen-kultur/w-wie-wissen/daemme-sperrwerke-100.html. 23.05.2024

Abb. 5 https://www.sfgate.com/travel/article/Exploring-Holland-s-charming-Polder-Country-5613997.php. 23.05.2024

Abb. 6 https://www.fotocommunity.de/photo/duenen-auf-norderney-detlef-p/42011447. 23.05.2024

Abb. 7 https://www.holidaycheck.ch/hm/bilder-videos-vilamendhoo-island-resort-spa/. 23.05.2024

Abb. 8 https://www.uhrig-bau.eu/lexikon/buhnen/. 23.05.2024

Abb. 9 https://www.ingenieur.de/technik/fachbereiche/umwelt/meeresspiegelanstieg-ueberdimensionaler-damm-soll-unsere-kuesten-schuetzen/. 23.05.2024

Literaturquellen:

https://www.biologie-seite.de/Biologie/Sturmflut. 23.05.2024

https://www.studysmarter.de/schule/geographie/klimatologie/sturmfluten/. 23.05.2024

https://www.kutscherhuus.de/deichbau-nordsee.htm. 23.05.2024

https://kuestengefluester-nordsee.de/freizeit-kultur/sturmfluten-an-der-nordsee/. 23.05.2024

https://www.duden.de/rechtschreibung/Deich. 23.05.2024

https://www.studysmarter.de/schule/geographie/landschaftsformen/deich/. 23.05.2024

https://www.deutschlandfunk.de/deichbau-hochwasserschutz-wird-teurer-100.html. 23.05.2024

https://www.daserste.de/information/wissen-kultur/w-wie-wissen/daemme-sperrwerke-100.html. 23.05.2024